Ein Ex-Banker der UniCredit sagt die Wahrheit

Im September 2007 trat ich von meiner Position als Risiko-Manager der UniCredit Bank Irland zurück. Ich tat dies, um mich nicht selber strafbar zu machen. Ich habe die letzten 3 Jahre damit verbracht, Gerechtigkeit einzufordern. Am 23. Februar 2010 konnte ich zu meiner Freude erleben, dass Senator David Norris das Thema im irischen Senat aufgriff und von Finanzminister Brian Lenihan eine Antwort einforderte. Senator Norris schloß seine Ausführungen mit den Worten:

"... hier liegt ein klarer Fall ministerieller Verantwortung vor. Es handelt sich um eine sehr ernste Angelegenheit, welche der Finanzaufsichtsbehörde gemeldet worden war. Ein Mann hat in der Folge seinen Job verloren. Er ist ehrenvoll aus seinem Dienstverhältnis geschieden. Der Grad der Verletzung war 40-mal so groß wie die akzeptierte maximale Normabweichung. Das ist eine Katastrophe. Wenn wir nicht bereit sind, dieses nunmehr dem Parlament vorgelegte Problem zu untersuchen, dann gibt es absolut keine Hoffnung mehr für unser Finanzsystem und seinen Ruf auf der ganzen Welt.
Ich habe sehr klar dazu aufgefordert, dass diese Angelegenheit untersucht werden sollte. Wie kann die Finanzaufsichtsbehörde sich selbst überprüfen? Sie hat ihre Aufsichtspflicht verletzt. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist der, dass die Bank verfolgt werden muss und dass die Ehre des Mannes, dessen Ruf in den Schmutz gezogen wurde, wiederhergestellt werden muss. Es ist wohl nicht zu viel, dieses Parlament zu entsprechenden Schritten aufzufordern. Ich möchte, dass damit noch heute Abend begonnen wird."
http://debates.oireachtas.ie/seanad/2010/02/23/00012.asp

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VRT, der Flämische Rundfunk in Belgien, strahlte dieses Interview mit mir am 06. März 2013 aus (ab Minute 27):

ET3, der Griechische Rundfunk, zeigte dieses Interview mit mir am 27. November 2012:

ABC TV (Australien) brachte ein Interview mit mir in einem Dokumentarfilm über UniCredit, UBS und Société Générale im November 2011:
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Tuesday 26 March 2013

Ein paar weitere Infos über Irland, Depfa und Hypo Real Estate


Gedacht als Nachtrag zu meinen jüngsten Twitter-Feeds betreffend das Schweigen in Dublin und Berlin über all das, was die deutschen Banken in der IFSC [Irish Financial Services Centre] so getrieben haben, sowie als Antwort auf eine Reihe von E-Mail-Anfragen, die ich in letzter Zeit erhielt.
 
Ich ztiere dazu der Einfachkeit halber einige Ausschnitte aus einem Artikel, den Fintan O'Toole über mich in der Irish Times publiziert hat. Der Artikel erschien am Samstag, den 3. April 2010. 

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Der Finanz-Manager, der sich an die Vorschriften halten wollte (The Finance Manager who Tried to Play by the Rules)
- Fintan O'Toole, Irish Times, Samstag, 3. April 2010

Die Erfahrung, die dieser ehemalige Bankmanager im IFSC gemacht hat, steht parabelhaft für das Drama des "keltischen Tigers" Irland, da dadurch die Unkultur der lockeren Bankaufsicht aufgezeigt wird, welche dieses Land in die NAMA-Katastrophe getrieben und die Bankenrettungspakete ausgelöst hat ....
Lockere Bankaufsicht: eine der Verlockungen des IFSC [Irish Financial Services Centre]
Auch wenn die unlängst genannten Beträge des irischen Bankenrettungspakets bereits katastrophale Dimensionen angenommen haben, so hätten sie tatsächlich noch viel schlimmer ausfallen können. Es ist eine Frage der schieren Glücks, dass im Jahr 2007, also noch vor der Kreditkrise, eine in Dublin ansässige Bank namens Depfa von der deutschen Finanzgruppe Hypo Real Estate aufgekauft wurde. Sehr wenige Menschen in Irland haben jemals etwas von Depfa gehört. Dieses Unternehmen, das im Grunde so deutsch ist wie das Sauerkraut, war sogar die größte Bank Irlands - größer noch als die Anglo-Irish Bank. In rechtlicher und vor allem bankaufsichtsrechtlicher Hinsicht war die Depfa jedoch ein rein irisches Unternehmen. Als dann die Finanzkrise ausbracht, brachte der Depfa-Kauf die Hypo-Gruppe ins Schleudern. Die daraus für den deutschen Staat sich ergebenden Kosten belaufen sich bis dato auf 102 Milliarden Euro.
Das IFSC, wo die Depfa domizilierte, hat zwar 25.000 Arbeitsplätze generiert und zu besten Zeiten jährlich gut über 1 Milliarde Euro an Steuern eingebracht. Der Haken an der Sache war allerdings, dass dieses Konstrukt - neben den niedrigen Unternehmenssteuern - auf die ausländischen Banken vor allem wegen der in Irland gepflogenen lockeren Bankaufsicht besondere Anziehungskraft ausübte. Die Notwendigkeit, die ausländischen Banken bei guter Laune zu halten, verstärkte nachzumal noch die Idee, dass alle Mitarbeiter der irischen Bankaufsichtsbehörde in der Federgewichtsklasse auftreten müssten, was sich letztlich als äußerst verhängnisvoll erwies.
Irland litt damals bereits, wie es in einer einschlägigen parlamentarischen Anfrage vor der Dail [dem irischen Parlament] hiess, an "einer besonders engen und unangemessenen Beziehung zwischen Banken und dem Staat und seinen Behörden [...], welche sich wohl von den Ansinnen der Banken allzusehr einlullen ließen bzw. deren Wünschen und deren Lobbying allzu willfährig entsprachen".Diese Lobbys wurden durch das Entstehen des IFSC noch immens gestärkt. Das Problem bestand darin, dass das IFSC neben etlichen durchaus rechtmäßigen Aufgaben, auch der organisierten Steuerhinterziehung hinter wohlklingenden Namensschildern Vorschub leistete und sich dadurch den Namen "Liechtenstein an der Liffey" einhandelte, während die dort agierenden Zocker sogar die New York Times dazu inspirierten, von einem "Wilden Westen der europäischen Finanz" zu sprechen. Doch selbst nachdem publik wurde, dass einige im IFSC domizilierende Finanzunternehmen in drei spektakuläre Betrugsaffären verwickelt waren - Europas größter Firmenzusammenbruch (Parmalat), ein 500 Millionen-Betrug seitens der American Insurance Group (AIG) und der bisher größte Einzelkonkurs in der australischen Geschichte - wurde keinerlei Versuch unternommen, die Bankaufsicht zu verschärfen. Natürlich konnte man auch gegenüber Banken wie der Anglo Irish keine strengere Bankaufsicht handhaben wie gegenüber den im IFSC ansässigen Finanzunternehmen. Dabei galt es stets als oberstes Gebot, dass niemandem im IFSC auch nur der geringste Grund für Besorgnis gegeben werden dürfe...
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Es steht mir nicht an, Kommentare darüber abzugeben, wer wen kaputtgemacht hat - ob Depfa oder Hypo Real Estate, aber ich empfehle Ihnen dazu die Lektüre der folgenden Artikel von David Malone auf seinem Finanzblog Golem XIV (in englischer Sprache):

David McWilliams, ein irischer Ökonom, hat dazu einen sehr interessanten Kommentar in einem Interview für das deutsche Fernsehen abgegeben (in englischer Sprache)

Wednesday 20 March 2013

Zypern und die EUstapo - eine schelmische Idee von Golem XIV veröffentlicht am 19. März 2013


Zypern hat den EU-Bluff zurückgewiesen.

Die EZB erklärte, dass sie, wenn Zypern sich nicht zur Beschlagnahme von Einlegergeldern zur Rettung der Banken bereit erklärte, den zypriotischen Banken keine weitere Unterstützung mehr gewähren würde, was aller Wahrscheinlichkeit nach bedeuten würde, dass der größten Bank, der Bank of Cyprus, schon Ende dieser Woche das Geld ausgehen könnte. Die Bank würde zusammenbrechen und ...

Natürlich implizierte diese Drohung, dass es sich dabei um eine Katastrophe für Zypern handeln würde, welche jedoch für Europa ohne größere Auswrkungen bliebe. Aber jetzt, nachdem das zypriotische Parlament die kollektive Bestrafung der EU in Form einer Beschlagnahme der Einlegergelder abgelehnt hat, sieht diese Drohung in Brüssel und Berlin vermutlich ein bisschen weniger adrett aus.

Ich vermute, dass jetzt einige europäische Banken und Staaten schnell nachsehen werden, wie viele zypriotische Bankanleihen sie in ihrem Besitz haben. Und dasselbe tun vermutlich auch einige der EFSF-Bürokraten.

Höchstwahrscheinlich wird jetzt aus einem der Euro-Füllhörner eine Art Euro-Balsam auf die selbst zugefügte Wunde aufgetragen, aber das ändert natürlich nichts daran, dass der Schaden bereits eingetreten ist. Die EU hat es geschafft, es jedem Eurpäer klar zu machen, dass die "Technokraten" jederzeit dazu bereit sind, sich das Geld anderer Leute anzueignen, wenn sie es für "richtig" halten. Richtig für wen, ist natürlich eine andere Frage.

Sie haben es damit deutlich gemacht, dass es kein Gesetz gibt, das sie zurückhält. Technokratenherrschaft. Nicht Regierung, sondern Herrschaft.

Ich frage mich daher, nachdem wir jetzt in dem vielbesagten 'Neuland' angelangt sind, mit dem die EUstapo uns immer gedroht hat, was Zypern noch alles tun muss, um der Troika auf die Zehen zu steigen?

Verstehen Sie mich richtig: das ist eine reine Spekulation "post festum", also nach eingetretenen Ereignissen, und sie basierend nicht auf irgendwelchen besonderen Einsichten in die Materie. Ich habe mir eigentlich nur überlegt, was ich tun würde, wenn ich in ihren Schuhen steckte.

Wenn ich der Präsident von Zypern wäre und die EUstapo mir mit harten Bandagen kommt, würde ich beispielsweise mit meinen russischen Freunden sprechen. Und was hört man eben in den Meldungen? Die zypriotische Finanzminister soll eben auf dem Weg nach Moskau sein!

Was würde ich anstelle des zypriotischen Finanzministers wohl in Moskau besprechen wollen? Ich könnte mir vorstellen, dass er den Russen zB einen langfristigen Pachtvertrag an den Hafenanlagen in Limassol anbietet, um zu sehen, was dabei finanziell herauszuholen ist. Er könnte auch erkunden, ob Russland einen gewissen Vorteil darin erblicken würde, einen 50-jährigen Pachtvertrag für eine Militärbasis auf Zypern für eine neue Mittelmeer-Flotte abzuschließen. Und in Zusammenhang mit diesen Offerten könnte er vielleicht mit den Russen auch über das Thema Ausbeutung der Gasfelder im östlichern Mittelmeer samt zugehöriger Pipelines ins Gespräch kommen.

Die Zypern vorgelagerte Gasfeld Aphrodite hat bereits seit einiger Zeit zu großer Verstimmung mit der Türkei geführt. Den Russen könnte es also durchaus zupass sein, wenn etwa dem russischen Unternehmen Novatek, das bereits über Zugriffsrechte auf das Gasfeld Verhandlungen geführt hat, ein weit größerer oder eventuell sogar dominanter Anteil gegenüber rivalisierenden europäischen Unternehmen eingeräumt wird. Man müsste noch gar nicht einmal zu einem sofortigen formellen Abschluss kommen, also nichts unterschreiben, sondern einfach nur in Europa verlauten lassen, dass solche Schritte "nicht denkunmöglich" seien. Welche Auswirkungen dies wohl auf das böse Machtspiel haben würde, das jetzt bereits rund um die Gasfelder vor der Küste von Gaza abgeht, wo ja bekanntlich Israel versucht, diese Gebiete für sich zu beanspruchen oder sie zumindest unter seine Kontrolle zu bringen? Dasselbe gilt natürlich für die türkischen Ansprüche und auch für all die ärgerlichen Probleme mit den durch Syrien führenden Pipelines.

Man stelle sich nur vor, was passierte, wenn der Westen es wirklich schafft, ein Russland-freundliches Regime in Syrien zu stürzen und alle dortigen Pipelines fest in europäische Hand zu bringen, wenn Russland dann sozusagen durch das Hintertürchen über Zypern wieder in der Region Fuß fasst!

Angesichts der Tatsache, dass Russland bereits eine Menge finanzielle Schmutzwäsche in Zypern hat und etliche an der Steuer vorbeigeschobene Milliarden dort möglicherweise noch gefährdet sein könnten (es sei denn, man hat sie noch vor der Bankensperre elegant beiseite geschafft - man kann ja nie wissen), wäre es doch naheliegend, bei meinen russischen Freunden anzuregen, sie mögen ihre Milliarden vor einer Beschlagnahme durch die europäischen Banken retten und dafür einen schönen Dorn einkaufen, der in Europas Flanke drückt - als gerechter Preis für die vorgeschlagene "Bankenrettung"!

Welch eine Umkehrung aller Wertigkeiten! Ich weide mich vor Freude, wenn ich die EUstapo vor dem reinen Gedanken an ein solches Szenario erbleichen sehe.

http://www.golemxiv.co.uk/2013/03/cyprus-versus-the-eustapo-a-mischievious-idea/

Monday 18 March 2013

EU verhängt über die Zyprioten eine Kollektivstrafe, von Golem XIV veröffentlicht am 17. März 2013

In Berichten wie etwa bei Bloomberg heißt es offiziell:

Besteuerung von Bankeinlagen auf zypriotischen Banken im Zuge einer 13-Milliarden-Dollar Rettungsaktion

Dies bedeutet, dass 6,75% der Einlagen auf jedem Konto mit bis zu 100 000 Euro Guthaben und 9,9% von darüber hinausgehenden Guthaben bereits eingefroren wurden und, wenn der Plan von Regierungsseite weiter vorangetrieben wird, von diesem Konto abgezogen und an die Banken transferiert wird.

Es bedeutet aber auch, dass die von der zypriotischen Regierung zugesicherte Einlagensicherung sich als wertloses Versprechen herausgestellt hat. Diese Einlagensicherung war eine glatte Lüge. Ferner bedeutet es, dass etwas, was schon einmal passiert ist, auch noch einmal passieren kann. Nur ein kompletter Idiot würde in Zukunft sein Geld einer zypriotischen Bank anvertrauen.

Wer sein Geld dennoch dort belässt, verlässt sich darauf, dass jetzt alles in Ordnung und unter Kontrolle ist und Ähnliches nie mehr wieder passieren wird. Man muss sich also die Frage stellen: "Kann man denen noch vertrauen?" Was ist Ihre Antwort?

Viel schlimmer jedoch ist es, dass das, was in Zypern passiert ist, künftig auch in jedem anderen EU-Land passieren kann. Natürlich sagen unsere Regierungen jetzt: "Das ist ein einmaliger Anlassfall", "außergewöhnliche Umstände" usw., aber diese Zusicherung ist ebenso viel wert wie das Versprechen, dass Einleger immer geschützt sind. Wie sicher kann man sich also sein, dass Vergleichbares in Portugal oder in Italien oder in Griechenland niemals passieren wird?

Das, was die EU dem zypriotischen Volk aufzwingen will, ist an sich weder eine "Steuer" (wie in der Titelschlagzeile von Bloomberg behauptet) noch eine "Abgabe" (wie es im darauffolgenden Text des zitierten Bloomberg-Artikels heißt). Es handelt sich vielmehr um eine Kollektivstrafe.

Die Menschen in Zypern, die nichts Böses getan haben, kein Gesetz gebrochen haben, nicht über ihre Verhältnisse gelebt haben oder Schulden gemacht haben, die sie nicht mehr zurückbezahlen können, sollen jetzt bestraft werden, indem man ihnen ihr Geld einfach wegnimmt. Und dieses Geld wird an die Banken transferiert, die das Gesetz gebrochen haben und Schulden gemacht haben, die sie nicht zurückbezahlen können - sie werden jedoch dafür nicht bestraft.

Diese Politik soll mit vorgehaltener Pistole durchgesetzt werden. Zitieren wir den zypriotischen Präsidenten Nicos Anastasiades aus einem anderen Bloomberg-Artikel:
"Wir standen vor Entscheidungen, die bereits von anderen getroffen wurden"
so Anastasiades in einer gestern abgegebenen Erklärung. Er führte ferner aus, dass die Europäische Zentralbank einer der führenden Banken des Landes ab 19. März keine weitere Liquidität mehr zur Verfügung gestellt und damit deren Zusammenbruch ausgelöst hätte, wenn seine Regierung das "Rettungspaket" in seiner vorliegenden Form nicht akzeptiert hätte.

Diese Waffe ist jetzt auf die Köpfe der zypriotschen Parlamentarier gerichtet, denen der Präsident nunmehr erklären muss, dass sie entweder der "Kollektivstrafe" zustimmen oder aber zusehen müssten, wie die EZB einen Bankenzusammenbruch zulässt.

Man könnte den Ausdruck "Kollektivstrafe" kritisieren, zumal es sich um Deutschland handelte, das diese Lösung vorantrieb, in dessen jüngerer Geschichte der Ausdruck "Kollektivstrafe" ja über eine bestimmte Resonanz verfügt. Aber es wiegt nun einmal, was es hat.

Deutschland hatte es seit Monaten deutlich gemacht, dass man gegen jede EU-Rettungsaktion zugunsten der zypriotischen Banken sei, wobei als Begründung angeführt wurde, dass bei einer solchen Rettungsaktion deutsche Steuergelder russischen Steuerhinterziehern und Kriminellen zugute kommen würden. Wobei die Deutschen nicht einmal so unrecht hatten. Denn genau dies wäre dann wohl auch passiert.

Ich habe in den letzten drei Monaten intensive Recherchen über Geldwäsche-Machinationen von russischen Kriminellen in Zypern angestellt. Ich verfüge über eine Dokumentation von mehr als hundert Seiten betreffend Banküberweisungen und Gerichtsakten. Was dadurch deutlich wird, ist die Tatsache, dass es in Zypern habituell war, Geld weiß zu waschen. Allerdings waren nicht allein zypriotische Banken daran beteiligt, sondern auch Banken aus diversen anderen Ländern.

Was noch schwerer wiegt, ist, dass diese Tatsache seit vielen Jahren bekannt war. Die russischen Behörden selber wussten spätestens seit dem Jahre 2009, das wohlhabende und häufig auch korrupte Russen schon seit Jahren in Zypern ihr Geld anlegten, um auf diese Weise der heimischen Besteuerung zu entgehen.

Andererseits lagen der zypriotischen Polizei bereits seit dem Jahre 2008 Anzeigen vor, die ich selber in Kopie einsehen konnte, welche bei ordentlicher Tätigkeit der Behörden längst dazu führen hätten müssen, dass bei bestimmten Banken, Firmen und Einzelpersonen in Zypern und in anderen Ländern Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche angestellt werden. Aber natürlich wollte in Wirklichkeit niemand in Zypern solche Ermittlungen haben und dabei ist es bis heute geblieben.

Niemand in Zypern möchte zwischen Kriminellen und unschuldigen Bürgern differenzieren, denn dies hieße ja zugleich zuzugeben, gab es in Zypern kriminelle Handlungen unter Mitwirkung von zypriotischen Banken und sonstigen Professionellen der Finanzbranche gegeben hat. Und letztlich könnte dadurch sogar das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in Zypern in Frage gestellt werden.

Wenn solche Fragen erst einmal in Zypern gestellt würden, wie lange würde es dann dauern, bis jemand der Sache genauer nachginge und auch Verbindungen zu weiteren Banken und Firmen in anderen europäischen Ländern fände? Nämlich genau in den Ländern, die derzeit in aller Schärfe gegen Zypern vorgehen und seine Bestrafung verlangen, wobei sie gerne über die Kriminellen der anderen, nicht aber über ihre eigenen sprechen wollen!

Es ist leider ein Faktum, dass sich niemand um die Kriminellen in Zypern schert und dass insbesondere niemand die Banken oder die Firmen beim Namen nennen möchte, welche diesen Krimninellen ihre Dienstleistungen angeboten haben. Niemand, absolut niemand will, dass einer größeren Bank kriminelles Verhalten vorgeworfen wird, geschweige denn, dass es gar zu einer Verurteilung einer solchen größeren Bank käme. 

Was die laufende Bankenkrise immer wieder überdeutlich gezeigt hat, ist die Tatsache, dass keine Bankaufsichtsbehörde, kein Parlament und keine Ermittlungsbehörde eines Staates es zulassen möchte, dass eine der systemisch wichtigen Banken des betreffenden Staates eines Finanzverbrechens für schuldig befunden wird. Immer und immer war zu beobachten, dass massive Verstöße, die unter jedweden sonstigen Umständen bzw. dann, wenn sie von einer anderen Person oder Organisation begangen würden, als klare Verbrechen angesehen worden wären, in diesem Falle mit Glacé-Handschuhen behandelt, irgendwie umgedeutelt und als "unglückliches Versagen der Aufsichtsbehörden" bezeichnet wurden, statt sie klar beim Namen als Verbrechen zu bezeichnen. Citi und HSBC haben gigantische Geldmengen, darunter viel Geld aus dem Drogenhandel weißgewaschen. Aber keine dieser Banken wurde jemals einer Straftat bezichtigt oder gar verurteilt. Sie durften unschuldig bleiben. Wiederholen wir es laut und deutlich: UNSCHULDIG.

Das bezeichne ich als "Umdeuteln" und dieses "Umdeuteln" ist geradezu notwendig, denn ansonsten könnten die Banken ja eines kriminellen Verhaltens für schuldig befunden werden und das könnte sie womöglich zu Fall bringen. Aber genau das möchte NIEMAND. Niemand möchte auch nur im entferntesten oder in theoretischer Hinsicht über eine solche Möglichkeit nachdenken. Da ist es doch weit einfacher, den Vorhang des Vergessens über alle solche Fakten und Details zu breiten, welche die wahren Schuldigen, insbesondere die Schuldigen unter den Reichen und Mächtigen, bloßstellen und aus ihren Verstecken inmitten der Unschuldigen hervortreiben könnten, und stattdessen eine blind verhängte Kollektivstrafe zu verkünden, die alle gleichermaßen trifft, und diese dann banal als - Steuer zu bezeichnen.


Wednesday 13 March 2013

Geständnis eines Bankers - Kathimerini, Griechenland, 10 Feb. 2013

Im September 2007, also 15 Monate vor der irischen Banken-Rettungsaktion, kündigte Jonathan Sugarman, damals Risikomanager bei der UniCredit Bank Irland, seinem Dienstgeber, nachdem er herausgefunden hatte, dass die Bank sich nicht an die von der Irischen Zentralbank vorgeschriebenen Mindestliquiditätsanforderungen hielt. Seit fünf Jahren bemüht es sich nun bereits vergeblich, zu seinem Recht zu kommen.

Die Geschichte des Bankers Jonathan Sugarman ist kaum bekannt. Wenn man seinen Blog liest (whistleblowerirl.blogspot.com), würde man denken, dass es dabei um einen kürzlich von Hollywood produzierten Wirtschafts-Thriller handelt. Ein Angestellter findet heraus, dass seine Bank sich nicht an die Finanzgesetzgebung des Staates hält. Er zeigt dies den Behörden an. Daraufhin kündigt er. Und danach? Jetzt könnten ganz unterschiedliche Drehbuch-Szenarien einsetzen. Wird die Bank ihn verklagen? Oder ihn in den Selbstmord treiben? Wird der einstige 'Golden Boy' sich zu einem Don Quixote verwandeln, der die Welt von den "bösen" Banken retten möchte? In Wirklichkeit spielt das Leben noch viel phantasiereicher als ein Drehbuch. Was nämlich tatsächlich passierte ist, dass die irischen Banken ein Jahr, nachdem Jonathan Sugarman, der heute 42 Jahre alt ist, seinen Job bei der UniCredit Bank Irland wegen der zweifelhaften Integrität seines Arbeitgebers aufgegeben hatte, sich in einer derartigen Schräglage befanden, dass sie auf staatliche Garantien zurückgreifen mussten.


Fünf Jahre danach, nachdem ihn die Bankwelt de facto aus ihren Reihen gebannt hatte, kämpft Sugarman weiterhin mit den Folgen der ungerechtfertigten Heimsuchung, in die er hineingeraten war. Er schreibt und macht Vorträge. Er versucht, die Öffentlichkeit gegenüber einem Finanzsystem und einer Politik aufzurütteln, welche die persönliche Verantwortung ignorieren und jene, die die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise mit herbeigeführt haben, einfach ungestraft davonkommen lässt. Wir trafen ihn in Athen während eines Besuchs in unserem Land.

Kürzlich haben Sie in Griechenland ein paar öffentliche Vorträge über Fragen des Bankensystems gehalten. Warum interessieren Sie sich für unser Land?
Um ganz ehrlich zu sein, es waren eigentlich die Griechen, die sich für mich interessierten. Vielleicht verstanden es dort einige Leute, dass ich als Risk Manager tätig war und dass es somit meine Aufgabe war, darauf zu achten, dass die von meiner Bank verwalteten Geldbeträge stimmten. Diese Leute wandten sich an mich, und zwar vermutlich deshalb, weil sie sonst niemanden kannten, der die Öffentlichkeit darüber aufklären hätte können, was die Aufgabe eines Risk Managers ist. Im Juni 2011 bot mir jemand an, meinen Blog ins Griechische zu übersetzen, und seitdem verfügte ich plötzlich über etliche Kontakte mit Griechen aus allen Lebensbereichen, darunter viele besorgte Bürger und Wissenschaftler.

Können Sie uns bitte mit einfachen Worten erklären, was die Aufgabe eines Risk Managers ist?
Ich versuche, das mit einem einfachen Bild darzustellen. Wenn die Bank ein Auto wäre, dann ist der Risk Manager der Lenker und die Zentralbank so etwas wie die Straßenpolizei. Ein Autofahrer darf nicht das vorgeschriebene Tempolimit überschreiten. Wenn das Tempolimit 100 km/h beträgt und der Fahrer fährt 120 km/h, dann bekommt er eine Geldstrafe. Ebenso verhält es sich bei der Bank, wo der Risk Manager dafür verantwortlich ist, dass eine bestimmte Mindestliquidität eingehalten wird. Mit anderen Worten, er hat darauf zu sehen, dass entsprechend viel Geld hereinkommt - Einlagen zum Beispiel -, wenn auf der anderen Seite Geld hinausgeht - etwa in Form von Darlehen oder anderen Bankprodukten. Die Mindestliquidität, welche die Banken jeweils einzuhalten haben, wird in jedem Land von der Zentralbank festgelegt. In Irland zum Beispiel lag dieses Minimum bei 90%. Wenn eine Bank dieses Minimum unterschreitet, wäre sie straffällig geworden. Darüber hinaus drohen dem Risk Manager und dem Geschäftsführer bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Wann sind Sie dahinter gekommen, dass ihre Bank, die UniCredit, ein Liquiditätsproblem hatte?
Das war bereits in den ersten Wochen der Fall, nachdem ich meinen Dienst bei der Bank antrat; es herrschte dort nämlich eine chaotische Situation. Einige Tage bewegten wir uns im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Limits, an anderen Tagen gingen wir deutlich darüber hinaus. Der Geschäftsführer und die anderen Manager ignorierten am Anfang einfach meine Bedenken. Sie erklärten mir die Sachlage so, dass es technische Probleme mit unseren Informationssysteme gebe und dass unsere Liquidität überhaupt kein Problem darstelle. Und es hieß, dass ich diese Probleme nicht verstehen würde, weil ich neu dieser Sparte sei. An den Tagen, an denen wir das Liquiditätslimit unterschritten, wurde dies in unseren Tagesreport damit erklärt, dass es technische Probleme gegeben habe, und natürlich wurde in keinem Fall die Finanzaufsichtsbehörde informiert, wie dies eigentlich der Fall hätte sein müssen. Nach wiederholten Verstößen gegen das gesetzliche Limit erklärte ich gegenüber dem Geschäftsführer, dass ich nicht die Absicht hätte, so zu tun, als ob ich blind wäre, und dass wir einen formellen Bericht an die irische Zentralbank schicken müssten. Dazu kam es dann auch Ende Juli dieses Jahres: ich selber überbrachte den formellen Bericht über eine erfolgte Liquiditätsverletzung ins Büro der Finanzaufsichtsbehörde. 

Gab es dann für die Bank irgendwelche Sanktionen?
Es gab überhaupt keine Reaktion. Und das, obwohl wir das gesetzlich vorgeschriebene Mindestliquiditätslimit um 20 % unterschritten hatten, während wir dem Gesetz nach bereits bei einer Unterschreitung von einem Prozent der Meldepflicht unterlagen! In anderen Worten, ich gestand gegenüber der Bankpolizei, dass ich das Gesetz gebrochen hatte, doch die Finanzaufsichtsbehörde reagierte derart, dass sie - anstelle die Bank einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen - uns in einem Schreiben lediglich mitteilte: "Nachdem Sie uns bestätigt haben, dass die gesetzwidrige Vorgangsweise eingestellt wurde, sehen wir keinen weiteren Anlass zum Einschreiten."

Was haben Sie daraufhin unternommen?
Ich habe versucht herauszufinden, worin eigentlich diese technischen Probleme bestehen sollte. Das Informationssystem ist so etwas wie die "Bibel" einer Bank. Eine Bank führt ihre Konten heute nicht mehr auf losen Papierblättern. Wenn wir unserem Informationssystem und den von ihm ausgegebenen Ergebnissen nicht mehr trauen konnten, dann wären wir auch nicht in der Lage zu wissen, ob die Bank mit ausreichender Liquidität ausgestattet ist oder nicht. Ich entschloss mich daher, mich an ein Unternehmen zu wenden, das sich auf Bank-Informationssysteme spezialisiert hatte.

Was war das Ergebnis dieser Überprüfung?
Sie drittem ich eines Nachts im September 2007 zuhause an. "Sie haben sich darüber beschwert, dass in Ihrer Bank die Liquidität auf 70 % abfallen würde", erklärte sie mir. "Die Liquidität Ihrer Bank beträgt aber tatsächlich nur 50%!" Am nächsten Morgen ging ich zum Geschäftsführer und reichte meine Kündigung ein.

Was war denn eigentlich die Ursache der niedrigen Liquidität?
Ich vermute, dass unsere Aktivitäten nicht korrekt bilanziert wurden. An einigen Tagen wurde korrekt bilanziert, an anderen wiederum nicht.

Wenn die Ursache aber wirklich ein technisches Problem war und nicht irgenwelche betrügerische Transaktionen oder Hochrisiko-Geschäfte, warum haben Sie dann das Problem nicht selber gelöst, statt die Kündigung einzureichen?
Die Tatsache, dass ein solches Problem überhaupt vorliegen konnte, zeigt bereits, wie sehr das gesamte System für betrügerische Manipulationen anfällig ist. Die jüngsten Skandale mit nicht-autorisierten Transaktionen von Händlern in den Londoner Büros der Schweizer Großbank UBS oder der Société Générale in Frankreich belegen genau diese Tatsache. Wenn die Bank am nächsten Tag illiquid gewesen wäre, dann wäre ich dafür verantwortlich gewesen und hätte dem Gesetz nach mit fünf Jahren Gefängnis rechnen müssen. Dazu habe ich natürlich keine Lust.

Glauben Sie denn, dass Sie der einzige waren, der so reagiert hatte?
Die Banken arbeiten offenbar im straffreien Raum. Wie wir in der Zwischenzeit gesehen haben, geht die Führungsspitze der Banken davon aus, dass sie niemals strafrechtlich zur Verantwortung gezogen würde. Vielleicht hat es nichts zu bedeuten, aber es ist ein Fakt, dass der Vorsitzende des Verwaltungsrats der UniCredit Irland ein ehemaliger Abgeordneter der gleichen politischen Partei war, von der Irland damals regiert wurde. Später, nachdem ich in meine Kündigung eingereicht hatte, wurde er Mitglied des Verwaltungsrats der Irischen Zentralbank. Ich frage mich natürlich, wie die Zentralbank in unparteiischer Weise eine Bank überprüfen soll, deren Ex-Vorsitzender nunmehr im Verwaltungsrat der Zentralbank sitzt?

Damals hieß es, Irland sei der Wilde Westen der Europäischen Union. War das zutreffend?
Irland war ein sehr attraktiver Ort für Banken und multinationale Konzerne wegen seines extrem niedrigen Körperschaftssteuersatzes, der nur 10% betrug. Banken konnten dort Tochtergesellschaften errichten, welche der Kontrolle der Irischen Zentralbank unterstanden (oder vielmehr, wie sich später herausstellte, von dieser gar nicht kontrolliert wurden). Die Muttergesellschaften aller dieser Banken waren eben die großen europäischen Banken. Wenn eine irische Filiale über zu wenig Bargeld verfügte, so rief sie eben bei der Muttergesellschaft in Frankfurt oder Rom an, um wieder für Liquidität zu sorgen. Alles lief wie am Schnürchen, oder so schien es wenigstens! Die jeweilige Muttergesellschaft hatte zudem anlässlich der Gründung ihrer Filiale in einem formellen Schreiben gegenüber der irischen Zentralbank erklärt, dass sie für die Tätigkeiten ihrer Filiale die Haftung übernehmen werden. Somit hatte die Zentralbank auch keine Veranlassung, sich gegenüber den Filialen allzu streng zu verhalten.

Warum wandte sich dann eine Ihre Bank, die UniCredit, nicht an die Muttergesellschaft, als es klar wurde, dass ihr das Bargeld ausgegangen war?
Wenn der Geschäftsführer sich an seinen Kollegen in Mailand gewandt hätte und ihm erklärt hätte, dass ihm das Geld ausgegangen sei, dann wäre er zunächst einmal gefragt worden: "Wieso? Sind sie nicht imstande, Ihre Bank richtig zu führen?" Es war ganz offensichtlich, dass niemand bei der Muttergesellschaft anrufen wollte, um zu sagen, dass etwas schief gelaufen sein. In der Theorie könnte ein Liquiditätsproblem nämlich in fünf Minuten behoben werden. Aber wie sollte man es rechtfertigen, dass man bei einer Liquidität von unter 70% angelangt sei, wenn das Gesetz eine Mindestliquidität von 90% vorsieht? Hätte ein Geschäftsführer etwas Derartiges zugestanden, dann hätte er damit seinen Bonus aufs Spiel gesetzt!

Und was war die Reaktion der Muttergesellschaft, als Sie die Kündigung einreichten?
Es gab überhaupt keine Reaktion. Drei Jahre später brachte Senator David Norris dann meinen Fall im irischen Senat vor. Erst im Anschluss daran gab es mehrere Anfragen von Journalisten an das Mutterhaus der UniCredit in Mailand. Das Mutterhaus der UniCredit erklärte damals, man hätte mit der Angelegenheit überhaupt nichts zu tun. Man tat entweder so als ob man nichts wüsste, oder aber man wusste tatsächlich nichts. Es schien mir so, als ob Tochtergesellschaft in Dublin das Mutterhaus überhaupt nicht informiert hätte. Oder, was noch schlimmer wäre, dass die Irische Zentralbank die Banca d'Italia - also die Italienische Zentralbank - überhaupt nicht informierte.

Ihrer Meinung nach wusste also die Italienische Zentralbank davon?
Ich kann diese Frage nicht beantworten. Wenn Sie auf diese Frage eine Antwort möchten, fragen Sie am besten Mario Draghi, der damals der Gouverneur der Banca d'Italia war. Es ist an sich eine sehr einfache Frage: "Wussten Sie, als Sie Gouverneur der Italienischen Zentralbank waren, dass die größte Bank Ihres Land nicht darüber Bescheid wusste, was bei ihrer irischen Tochter passierte? Und wie erklären Sie es sich, wenn Sie nicht darüber informiert wurden?"

Glauben Sie, dass die irischen Banken aus ähnlichen Gründen illiquid geworden sind?
Ein Jahr nach meiner Kündigung musste die irische Regierung binnen einer einzigen Nacht eine Garantieerklärung für sämtliche Banken abgeben. Vielleicht hatten sie nicht alle exakt die gleichen Probleme, aber schließlich läuft das auf das gleiche hinaus. Ich frage mich natürlich, was aus all den Risikomanagern dieser Banken geworden ist?

Ja, was ist aus ihnen geworden?
Sie halten im Augenblick alle sehr stille.

Und wie ist das Ihrer Meinung nach überhaupt möglich?
Es ist ein Bestandteil jener "großen Lüge", mit der wir alle konfrontiert sind. Niemand will der erste sein, der das Problem zugibt. Aber selbst wenn wir die Leistung eines bestimmten Risikomanagers nicht im einzelnen hinterfragen wollen, so verfügt das Bankensystem immer noch über eine Reihe anderer Kontrollmechanismen. Dazu gehören die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, welche die jährlichen Abschlussberichte der Banken gegenzeichnen müssen, sowie die Finanzaufsichtsbehörden, also die Zentralbanken.

Sie sind also der Meinung, dass nicht nur die Banken allein schuld seien?
Es kann einfach nicht so sein, dass keinen Banker dabei eine Verantwortung trifft. Es gibt eben Leute, die verantwortlich dafür sind und Dokumente unterzeichnen, wonach alles gesetzeskonform wäre. Jede Bank hat mindestens einen Risikomanager, jede Bank hat mindestens einen Wirtschaftsprüfer; und jede Bank hat eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Jedes Land hat eine Zentralbank, so wie eben in Irland die Central Bank of Ireland. Daher gibt es ganz bestimmte Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Banken in Irland unterkapitalisiert waren, und diese Menschen haben einen Vor- und Zunamen. Wir können nicht sagen: "Es ist einfach passiert!" oder "Papa, mein Spielzeug ist kaputt! Wer hat es denn kaputtgemacht? Ich weiß es nicht, es ist von selbst kaputtgegangen!".

Aber ist eigentlich ihre Geschichte bisher so wenig bekannt geworden?
Es ist eine Geschichte, die vielen Menschen in Schlüsselpositionen an vielen verschiedenen Orten Schwierigkeiten bereiten würde.

Ich nehme also an, dass auch die Irische Zentralbank nach der Rettungsaktion für die irischen Banken bei Ihnen nicht mehr weiter nachgefragt hat, was damals eigentlich passiert war?
Das ist nicht ganz so, wenn ich bekam tatsächlich zweimal von dort einen Anruf. Das erste Mal im Monat Mai 2011. Sie luden mich damals als Informanten ein, meine Informationen offenzulegen und boten dafür volle Vertraulichkeit an. Aber mein Treffen mit den Vertretern der Zentralbank endete in einem Fiasko. Die Vertraulichkeitsklausel in der mir angebotenen Vereinbarung bezog sich nämlich lediglich auf meine Anonymität. Man erklärte mir während des Treffens, dass die Zentralbank verpflichtet sei, alles, ich sagte, der Staatsanwaltschaft zu melden, was implizit bedeutete, dass alles was ich sagen würde, von den Behörden letztlich auch gegen mich verwendet werden könnte. Natürlich verweigerte ich daraufhin eine weitere Aussage. Das zweite Mal war im Februar 2012. Auch wenn wir bei der Vertraulichkeitsklausel keinen Schritt weitergekommen waren, wirklich damals durchaus bereit gewesen, einige meiner Informationen preiszugeben. Bei diesem zweiten Treffen räumten die Beamten der Irischen Zentralbank ein, dass ihnen weitere Unregelmäßigkeiten bei meiner Bank bekannt geworden wären. Aber mein anfänglicher Enthusiasmus aufgrund dieses Zugeständnisses erwies sich bald als verfrüht. Im Juni 2012 wurde der Fall nämlich als abgeschlossen erklärt. Im August 2012 gab die Irische Zentralbank dann eine Presseerklärung heraus, welche eine Niederschrift der Aussagen während unseres Treffens sein sollte. Allerdings stand dort keinesfalls das drinnen, was tatsächlich gesagt worden war.

Welche Beziehung unterhalten sie heute mit ihrer ehemaligen Bank?
Ich unterhalte keinerlei Beziehung mit ihr. Ich hatte Schadenersatz wegen meiner faktisch bedingten Kündigung begehrt. Die Antwort der Bank war, dass ich gar nichts bekommen würde und dass man gegen mich alle juristischen Mittel ergreifen würde, sollte ich jemals irgendwelche Informationen an Dritte weitergeben. Ich versichere Ihnen, dass es nicht lustig ist, von einer Bank, die über Billionen Euro verfügt, bedroht zu werden! Sie haben sogar Angaben aus meinem Privatleben herausgegriffen, um damit zu argumentieren, ich wüsste gar nicht, wovon ich rede, weil ich angeblich geistig verwirrt sei!

Haben Sie ein Gerichtsverfahren gegen Ihre ehemalige Bank eingeleitet?
Es war für mich unmöglich, alleine schon aus finanziellen Gründen, als Privatmann ein Gerichtsverfahren gegen eine große Bank einzuleiten. Zudem hätte ja, bevor ich irgendetwas gegen eine Billionen- Euro-Bank Unternehmen hätte können, die "Polizei" (in diesem Falle also die Finanzaufsichtsbehörde) feststellen müssen, dass überhaupt ein "Verbrechen" stattgefunden hat. Wenn aber die Polizei selbst sagt, dass gar kein Verbrechen vorliegt, wie soll man dann gegen einen Verbrecher vorgehen? Um aufzuzeigen, dass es in meinem Fall die Staatsgewalt selber war, die Beweise unterschlagen hat, muss ich mich an eine höhere europäische Behörde wenden. Ich muss also wohl oder übel darauf warten, bis die berühmten Pan-Europäische Finanzaufsichtsbehörde ins Leben gerufen wird.

Und Sie wollen dann tatsächlich ein Verfahren einleiten?
Ja, das habe ich an sich vor. Aber ob es dann dazu kommt oder nicht, werde ich erst entscheiden, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Auch wenn sie selbst bisher keine Rechtfertigung erfahren haben, glauben Sie, dass das Banksystem nach dem Ausbruch der Bankenkrise doch ein neues Regelwerk gestärkt wurde? Oder dass sich zumindest die Effizienz der Regulierungsbehörden verbessert hat?
Nein. Warum sollte sich irgendetwas ändern, solange die Banken und ihre Manager nicht bestraft werden? Es wir zwar demnächst ein neues Regelwerk für den Bankenmarkt geben, die sogenannte Basel-IV-Vereinbarung. Aber solange die gesetzlichen Vorschriften nicht auch in gehöriger Form exekutiert werden, können wir so viele "Basel-Vereinbarungen" abschließen, wie wir wollen, ohne dass sich etwas ändern würde.

Wäre es Ihrer Meinung nach möglich, dass das System, wie Sie es hier beschrieben haben, sich zum Besseren kehrt, wenn mehr Whistleblower so wie Sie auftreten würden?
Ja. Aber von meinem eigenen Fall ausgehend, glaube ich nicht, dass es künftig mehr Whistleblower geben wird. Es gibt für sie keinerlei staatlichen Schutz. Ich wurde beispielsweise nur von meinen Freunden oder von Menschen unterstützt, die von irgendwo her meine Geschichte erfahren hatten.

Hat sich Ihr Wertesystem aufgrund Ihrer Erfahrung verändert?
Ich habe heute mehr Vertrauen in die Menschheit und viel weniger in die etablierten Autoritäten, egal ob das Politiker, Richter oder Funktionäre sind. Wir, die einfachen Leute, nehmen einfach alle diese Leute viel zu ernst, die in Wirklichkeit nichts tun, um die kleinen Anleger die kleinen Steuerzahler zu schützen. Das einzige, wofür sie sich einsetzen, ist die Rettung der Banken.

Sie klingen wie ein enttäuschter "Golden Boy", der sich jetzt gegen das kapitalistische System wendet.
Ich denke, das ist kein Diskussionsthema. Ob ich für den Kapitalismus, für den Sozialismus oder für die Linken bin, hat nichts mit der Diskussion zu tun, die wir eben führen. Überhaupt sollten wir keine Ideologien des 19. Jahrhunderts strapazieren, um damit einer Krise des 21. Jahrhunderts Herr zu werden. In Irland haben wir im Moment eine sozialistische Regierung, die ihre Aufgabe darin sieht, die monetären Interessen der kapitalistischen Anleihegläubiger zu wahren. In Österreich war es andererseits die FPÖ, also eine ausgesprochen rechte Partei, die meinen Fall in das Parlament gebracht hat. Sehen Sie hier irgendeinen ideologischen Hintergrund?

Sie sind also gegen das gegenwärtige Finanzsystem?
Dies wäre eine interessante Frage, wenn wir dieses Interview als eine philosophische Diskussion führen würden; aber diese Frage ist im Augenblick überhaupt nicht relevant. Man kann ein Kilo Olivenöl gegen ein Fernsehgerät eintauschen, und ich habe so etwas sogar mit meinen eigenen Augen gesehen - es funktioniert also. Umgekehrt bedeutet das aber nicht, dass sie in Tauschhandel mit Olivenöl zu jedem beliebigen Zeitpunkt beispielsweise ein Smartphone bekommen können. Dazu bedarf es eben einer gemeinsamen "Währung". Wir kehren somit zum Ausgangspunkt dieser Diskussion zurück. Entweder es gibt gesetzliche Vorschriften und diese werden eingehalten, oder es gibt diese nicht und jeder tut, was er will. Wenn letzteres der Fall ist, dann sollte das wenigstens jedem bewusst sein.

Was könnte also ihrer Meinung nach dazu beitragen, ein solides Finanzsystem zu schaffen?
Ganz einfach, in dem die Banken sich an das Gesetz hielten.

Erinnern Sie sich an den Tag, an dem Sie Ihre Kündigung einreichen?
Ich konnte die ganze Nacht davor fast nicht schlafen. Vielleicht haben wir in der Zwischenzeit das Gefühl verloren, wie viel Geld eine Milliarde Euro ist, aber bis zu jenem Tag musste ich jeden Tag meine Unterschrift Unterbeträge in dieser Größenordnung setzen; mit der Einschränkung bloß, dass sie in der Wirklichkeit gar nicht existierten! Ich war traurig, aber gleichzeitig fühlte ich mich erleichtert, dass ich nicht mehr länger Komplize bei einem Finanzverbrechen sein musste. Der Geschäftsführer wollte mich zwar nochmals umstimmen, aber das wirkte bei mir nicht. Auch er stand unter enormen Druck aus dem Dealing Room, wo unsere Händler riesige Transaktionen per Knopfdruck abschlossen, so dass es am Ende die Geschichte einfach nur darum ging: "Entweder ich oder sie!"

Und wie verlief Ihre Karriere danach?
Ich begann der schon kurze Zeit nach meiner Kündigung mit der Suche nach einem neuen Job. Aber die Bankenwelt ist letztendlich eine ganz kleine Welt. Mir wurde gesagt, dass eine Person mit meinem Hintergrund keinen Job bei einer anderen Bank mehr finden würde. Das war nur sechs Monate, nachdem ich bei UniCredit gekündigt hatte. Kündigung und noch dazu ein Whistleblower, ein Informant! Das war einfach zu viel.

Wie haben die Menschen, die Ihnen nahestanden, darauf reagiert?
Es gibt ein paar Freunde, die die ganze Zeit zu mir gehalten haben. Im Jahr 2007 konnte natürlich noch niemand vorhersagen, wie sich die Dinge entwickeln würden; damals haben die meisten Leute mir wohl noch nicht geglaubt. Erst nachdem sie hörten und es in Fernsehberichten sahen, die Bankenrettungsaktion anlief, war Ihnen klar, nicht gelogen hatte.

Und wovon leben sie heute?
(Lacht:) "With a little help from my friends", wie es in dem Beatles-Song heisst. Ich helfe Freunden mit Beratungsdienstleistungen und ich halte Vorträge. Man hat mir auch vorgeschlagen ein Buch zu schreiben. Wir werden ja sehen, ob sich dieses Projekt realisieren lässt. 

Ich nehme einmal an, dass sich ihr Lebensstil gegenüber früher drastisch geändert hat?
Ιch will hier nicht auf Details eingehen, was mein persönliches Leben und die psychologischen Schwierigkeiten betrifft, die ich ertragen musste. Aber meine finanzielle Situation ist im Augenblick tatsächlich ziemlich schwierig. Wie ich schon sagte, wäre ich heute nicht hier ohne die Hilfe meiner Freunde. Nur deshalb kann ich Ihnen heute in diesem tollen Haus, dem King George Palace Hotel am Syntagma-Platz, dieses Interview geben und meinen Kaffee genießen. Vor ein paar Jahren bin ich öfters im Urlaub in dieses Hotel gekommen. Heute gibt es hier nur wenige Orte, ich mir leisten könnte ... am ehesten noch eine Bed & Breakfast-Pension.

Tut es Ihnen nicht leid, dass Sie aus der Bankenwelt ausgestoßen wurden?
Früher hatte ich nach irischen Verhältnissen sehr gut verdient. Ich hatte ein schönes Haus, ein schönes Leben. Ich pflegte in teuren Restaurants zu essen. Ich machte viele Reisen. Aber ich würde niemals meine Überzeugungen gegen ein Leben in Luxus eintauschen. Leider es ist aber heute so, dass viele Menschen offenbar dazu bereit sind, ja sogar alle Anstrengungen dafür unternehmen, die Zukunft ihrer Kinder für eine Gegenwart von fragwürdigem Luxus zu opfern. Ich kann und werde dabei nicht mitmachen.

Was macht Sie heute betroffen?
Eigentlich ist es die Trägheit der gebildeten Mittelschicht, die mich betroffen macht. Die reichen Bankiers wissen natürlich ganz genau, was los ist, und lachen sich den Buckel voll, während die Mittelschicht dafür arbeitet, um ihren Interessen zu dienen. Risiskomanager, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, alle diese Leute behaupten, sie würden hart arbeiten, während sie in Wirklichkeit Nichtstuer sind - moralisch wie auch intellektuell. Das gleiche gilt für die Professoren für Recht und Wirtschaft. Wo gibt es denn heute noch konstruktive Kritik? Dieses Nichtstun, die Dinge auf sich beruhen lassen, ist mittlerweile so zur Gewohnheit geworden, dass überhaupt nur mehr sehr wenige Menschen erkennen, warum es hier eigentlich geht.


Wir danken dem Management des King George Palace Hotel in Athen für die Bereitstellung von Räumlichkeiten für dieses Interview.

Wednesday 16 November 2011

Ex-UniCredit-Banker verurteilt exzessive Risikobereitschaft seiner Bank - ABC Australien

Ein ehemaliger leitender Angestellter der grössten Bank Italiens sagt, dass die europäische Schuldenkrise das Ergebnis einer verfaulten Kultur bei den Banken sei, welche übermäßige Risikobereitschaft fördert.

Jonathan Sugarman war der Leiter des Risikomanagements im Dubliner Büro der italienischen UniCredit.

In seinem ersten öffentlichen Interview nach Beendigung seines Dienstverhältnisses mit der Bank erzählt er im Foreign Correspondent Programm der australischen Fernsehanstalt ABC, dass er sich zum Rücktritt gezwungen sah, nachdem sein Chef ihn immer wieder zu offensichtlichen Gesetzesbrüchen aufgefordert hatte.

Das Interview führte die ABC-Europa-Korrespondentin Emma Alberici.

Emma Alberici: Es war im Jahre 2007, als die New York Times Dublin als den wilden Westen der europäischen Finanzwelt bezeichnete.

Bis dahin hatten alle die größten Banken in Europa ihren Sitz in das Irish Financial Services Centre verlegt, das sie mit den niedrigsten Unternehmenssteuern in der englischsprachigen Welt angelockt hatte. Ausländische Banken fanden hier aber noch einen anderen Anreiz - der Standort Dublin stand im Ruf, dass hier auch die Bankenregulierung 'light' sei.

Jonathan Sugarman war zunächst für eine deutsche Bank in Dublin tätig, wurde aber durch eine Agentur für Führungskräfte an die UniCredit vermittelt, um dort das Risikomanagement in deren Dubliner Büro zu übernehmen. Das Geschäftsvolumen der italienischen Bank in Irland belief sich damals auf 50 Milliarden Dollar.





Jonathan Sugarman: Als Bank hatten wir eine Lizenz für das Bankgeschäft, was man sehr gut mit einem Führerschein vergleichen kann: er weist aus, dass man weiß, wie schnell man fahren darf, was im Verkehr erlaubt ist und was die erlaubten Grenzen sind. Mein Job war es, dafür zu sorgen, dass diese Regeln auch immer eingehalten wurden. 


Emma Alberici: Risk Manager sind gesetzlich dazu verpflichtet, Guthaben und Barmittel in Reserve auf der Höhe von 90 Prozent der Verbindlichkeiten der Bank zu halten. Die Regeln sind klar: die Bank konnte schon mal 89 Prozent Liquiditätsdeckung aufweisen, also ein Toleranzprozent, aber bei weiterem Unterschreiten dieses Limits war ein Bericht an die Regulierungsbehörde fällig. 


Innerhalb weniger Monate nach Beginn seiner Tätigkeit allerdings bemerkte Jonathan Sugarman, dass die UniCredit Dublin eine Liquiditätsdeckung von nur 70 Prozent aufwies, also 20 Mal weniger als das erlaubte Limit. Sechs Wochen lang erklärte ihm sein Chef, er solle sich deswegen bloß keine Sorgen machen. Aber er tat es dennoch und reichte schließlich seine Kündigung ein. 


Jonathan Sugarman: Wir brachen laufend das Gesetz und es war mein Name, der auf den täglichen Berichte stand. Unter den Augen des Gesetzes war ich derjenige, der dafür zu sorgen hatte, dass wir innerhalb des vorgeschriebenen Tempolimits fuhren, aber wir waren weit über dieses Limit hinausgefahren. Das Gesetz sah jedoch eine sehr klare Sanktion vor: ich riskierte für den Regelverstoß fünf Jahre Gefängnis und dazu hatte ich einfach keine Lust. 


Emma Alberici: Wie sicher sind Sie, dass UniCredit das Gesetz gebrochen hat, während Sie dort waren? 


Jonathan Sugarman: Ich bin mir hundert Prozent sicher. In Irland sagt man, "to be sure, to be sure". Deshalb habe ich mich an ein IT-Unternehmen in London gewandt. Die zulässige Abweichung lag bekanntlich bei 1 Prozent, aber eines Abends riefen sie mich an, kurz nachdem sie sich in unsere Systeme eingeloggt hatten, und erklärten mir, dass wir tief im roten Bereich seien, nämlich 40 Prozent unter dem erlaubten Limit. 


Emma Alberici: Vierzig oder vierzehn? 


Jonathan Sugarman: Vierzig - vier, null. 


Emma Alberici: Zwölf Monate, nachdem Jonathan Sugarman der Regulierungsbehörde mitgeteilt hatte, dass seine Bank in Dublin knapp bei Kasse war, lag dann das gesamte irische Bankensystem auf den Knien und bettelte nach einem Rettungspaket. Fünf Banken verlangten 50 Milliarden Euros, nur um ihre Tore offenhalten zu können. 


Im vergangenen Jahr brachte daraufhin der irische Abgeordnete David Norris die UniCredit-Materie im Parlament zur Sprache. 


David Norris: Hier handelt es sich um eine sehr ernste Angelegenheit, die der Finanzaufsicht gemeldet worden war. In der Folge hat ein Mann seinen Job verloren, da er kündigte, um seine Ehre zu bewahren. Die Liquiditätsverletzung lag beim 40-Fachen der erlaubten Marge. Das ist wirklich ein Desaster. 


Emma Alberici: Auch nach dieser Intervention wurde die Bankaufsichtsbehörde nicht tätig. In einem Brief an unsere Fernsehanstalt erklärte die irische Zentralbank erst vor kurzem, dass immer noch die Vorwürfe untersucht würden, die ihnen von Jonathan Sugarman vor vier Jahren zur Kenntnis gebracht worden waren. 


Jonathan Sugarman: Ich verließ die Bankräumlichkeiten, ging hinüber zur Bankaufsichtsbehörde einrichten, ich wollte die Meldung selber abliefern und es nicht irgendjemandem Dritten überlassen, aber danach ist nichts passiert. Das war so, als ob man zum Polizeikommissariat mit einem Messer voller Blut geht und sagt: Ich habe gerade jemanden getötet; man erwarten dann, dass die Polizei fragt, wo die Leiche liegt. Wo ist das Opfer? Warum haben Sie das getan? Aber hier hieß es locker, na ja, ihr solltet das aber nicht noch einmal machen. Das hat mich völlig verblüfft. 


Emma Alberici: UniCredit berichtet ein Rekordergebnis im dritten Quartal dieses Jahres: ein Verlust über Nacht von 15 Milliarden Dollar. 


Die Schuldenprobleme der italienischen Regierung lasten somit schwer auf der größten Bank des Landes. 
++


Going Rogue

Ausgestrahlt: 15/11/2011


Reporter Emma Alberici


Barings Bank hatte alle Schwierigkeiten seit mehr als zwei Jahrhunderten überlent. Die industrielle Revolution, Weltkriege, selbst die Große Depression. Dann kam ein forscher Bursche von etwas über 20 Jahren namens Nick Leeson und brachte das ganze ehrwürdige britische Finanzinstitut, das immer wie ein Fels in der Brandung gestanden war, zum Einsturz.

"Ich hatte keine Ahnung, dass die Bank zusammenbrechen würde. Ich wusste nicht einmal, was die Kapitalbasis der Bank war. Ich war nicht wirklich daran interessiert, denn solange das Geld immer wieder hereinkam, wusste ich, dass meine Transaktionen phantastische Erfolge zeitigte. Ich habe aber nicht abgesehen, dass die Folge eine solche Katastrophe sein könnte." Nick Leeson, Rogue Trader (Schurken-Händler)


Beim Handel mit Futures in Singapur verlor Leeson mehr als eine Milliarde Dollar. Barings musste seine Tore schließen und Leeson ging ins Gefängnis. Gibt es jetzt, etliche Jahren später, wo super-ausgeklügelte Systeme die Händler und jedes ihrer Geschäfte überwachen, noch Chancen, dass so etwas wieder geschieht? Wenn man Nick Leeson in den letzten Jahren befragt hätte, so hätte er wohl gesagt, "Die Chancen sind äußerst gering."


Und dennoch schlitterte Europa erst vor ein paar Monaten in eine finanzielle Krise, die es in den Grundfesten erschütterte und auch den Rest der Welt erzittern lässt. Dabei wurde ein weiterer Rogue Trader geschnappt. Kweku Adoboli - ein Händler in der riesigen Schweizer Bank UBS - wurde verhaftet und beschuldigt, 2,3 Milliarden Dollar in den Sand gesetzt zu haben.


Wie konnte so etwas passieren?


Die ABC-Europa-Korrespondentin Emma Alberici hat in ihrem Report eine Starbesetzung von berühmten und berüchtigten Finanzleuten bemüht, um herauszufinden, on diese Rogue Traders (Schurken-Händler) nun tatsächlich rücksichtslose Einzelgänger sind oder aber einfach Menschen, die durch einen rücksichtslosen und undisziplinierten Finanzsektor ins Extrem getrieben werden. Welche Erkenntnisse können wir aus ihrem Verhalten ziehen in Bezug auf das Wall Street Investment Banking und die globale Finanzkrise, auf die Bankenzusammenbrüche und Staatspleite in Irland, in Island und anderswo?


Emma Alberici interviewt auch einen ehemaligen Insider [Jonathan Sugarman, Ex-Risk Manager, UniCredit Dublin], der hier - zum ersten Mal in der Öffentlichkeit - ganz klar ausspricht, dass es in einigen der größten Banken Europas große kriminelle Aktivität gibt und der davon spricht, dass die Bankaufsichtsbehörden schlicht und einfach "am Steuer eingeschlafen" seien.


Wir hören aber auch von einem Händler, der mittlerweile zum Neurospezialisten geworden ist und mit seinen Forschungen belegt, dass Testosteron ein wichtiger Motivator für extreme finanzielle Spielchen darstellt und dass der Hormonspiegel schon mal kann einige Millionen Dollar Auf und Ab bei Jahresgehältern und Boni der Bankmanager zur Folge haben kann.
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http://www.abc.net.au/foreign/content/2011/s3367080.htm